Die Hingabe Chiara Lubichs vor 80 Jahren hatte Auswirkungen.
Was der 7. Dezember Menschen aus der D-A-CH-Zone heute bedeutet.
Gedenktage und Jubiläen erinnern an Ereignisse aus der Vergangenheit, die auch über das jeweilige Ereignis hinaus von Bedeutung sind – für einzelne oder auch eine Gruppe. Aus Anlass des 80. Geburtstags der Fokolar-Bewegung am 7. Dezember 2023 fragten wir spontan einige Personen: „Was bedeutet dir der 7. Dezember 1943? Was verbindest du heute damit?“ Auszüge aus den Antworten. Als Geschenk, Anregung, …
Mich hat immer besonders beeindruckt, dass Chiara diesen Schritt ganz allein gemacht hat, ohne eine Gemeinschaft, wie wir sie erleben. Sie allein mit Gott! Das Bild, wie sie gegen Wind und Wetter kämpfen musste, hat sich mir besonders eingeprägt. Den Weg gehen, trotz aller Widerwärtigkeiten, fest verankert im Glauben an seine Liebe, nicht wissend, was noch kommt.
Beim Blick auf die aktuelle Weltsituation fühle ich mich ohnmächtig und manchmal hadere ich mit Gott … Der Gedanke an Chiaras Ja und was daraus gewachsen ist, schenkt Hoffnung und Mut. Dies hilft mir, mein Ja auch im Dunkel der heutigen Zeit zu erneuern und Gott zu bitten, meinen Glauben zu stärken und mich je neu verstehen zu lassen, wo ich gebraucht werde.
Susanne Ganarin
7. Dezember. Für mich ist es ein Feiertag, keiner von den lauten, die mit Pauken und Trompeten und katholischem Festhochamt, Weihrauch, Gesang, … gefeiert werden.
Es ist ein ganz persönlicher und dann wiederum ein gemeinschaftlicher Tag. Chiara hat sich ganz Gott geschenkt und an diesem Geschenk dürfen wir und darf ich heute teilhaben. Ich kann nur staunen, was Gott aus diesem „Ja“ gemacht hat. Darin steckt auch meine Berufung zur verheirateten Fokolarin; der Weg für mich, meinen Glauben zu leben und mit meinem eigenen „Ja“ Gott ganz nah zu sein, geliebt zu sein, so wie ich bin. Mein eigenes „Ja“ hat den Ursprung in dem von Chiara, ohne ihres gäbe es meines nicht. Und mein „Ja“ ist Mittelpunkt meines Lebens.
Da gibt es die besonderen Wegmarken, die mein „Ja“ zu Gott besonders ausdrücken, meine Ehe mit meinem Mann Matthias, die Sorge und Verantwortung für unsere drei Kinder, meine Entscheidung, die Berufung der verheirateten Fokolarin zu leben, die Begleitung meiner Mutter am Sterbebett.
Und dann gibt es die vielen kleinen und großen „Ja`s“. Manchmal verirre ich mich im Alltag, plötzlich ist vieles wichtig und ich merke, wie ich in Unruhe und Stress gerate. Dann braucht es einen Moment, in dem ich mich verankere und leise neu „Ja“ sage, alles in Gottes Hand lege. Das kann ein tiefes Durchatmen sein, ein kurzes Gebet oder Gespräch mit Gott, eine Yogastunde, ein Wort eines anderen Menschen, ein Spaziergang mit meinem Hund, das Erleben von schöner Natur, ein Telefonat, ein Lied, ein Beichtgespräch, ein Gottesdienst, ein Besuch in der Kirche, …
Steffi Sellmann
„Die meisten Menschen ahnen nicht, was Gott aus ihrem Leben machen könnte, wenn sie sich ihm zur Verfügung stellen würden.“
Als ich dieses Zitat von Ignatius von Loyola las, musste ich sofort an Chiara Lubich denken: Sie hat sich rückhaltlos Gott zur Verfügung gestellt – sich Ihm geschenkt! Und Gott hat durch ihre Hingabe die heute weltumspannende Bewegung entstehen lassen – unfassbar!
Als ich in den Ruhestand ging, habe ich mich Gott erneut zur Verfügung gestellt. Er hat mich in die Ausbildung Geistliche Begleitung und in die Mitverantwortung für die Freiwilligen Frauen unserer Zonette Hamburg und Hannover geführt – für mich ganz neue Aufbrüche! Immer wieder erlebe ich – durch seine Wegführungen – überraschende Begegnungen, Erfahrungen und Herausforderungen, die mich innerlich wachsen lassen und meinen Alltag erfüllen (Er-füllt). Ich lasse mich auf Situationen ein, auf die ich, aus mir selbst heraus, nicht gekommen wäre und die meinem Leben Fülle und Weite schenken.
Maria Küffner
Der 7. Dezember ist untrennbar verbunden mit meinem eigenen „Ja“ zu Gott – und ich bin sehr dankbar, dass Gott mir diesen Weg gezeigt hat. Mit all seinen Facetten, den hellen und den dunkleren, hat er mein Leben reich und erfüllt gemacht.
Gleichzeitig ist dieser Weg auch eine große Herausforderung – Chiara hat ihr JA im Rahmen unserer Kirche gegeben. Zur Zeit erfahre ich immer wieder, wie mein JA innerhalb der Kirche mich bisweilen zerreißt. Ich erlebe vieles, was kaum auszuhalten ist – sei dies die für mein Empfinden unzureichende Klarheit im Umgang mit Missbrauchsopfern, sei es das Erleben von unzureichender und halbherziger Partizipation von Gemeinden in den Umbruchsituationen, der Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen oder das Erleben von Gottesdiensten, die selbst für mich nicht mehr anziehend sind und einiges mehr …
Natürlich gibt es auch positive Erfahrungen: Immer dort, wo echte Beziehungen möglich und erfahrbar sind. Dieses ‚Beziehung leben‘, authentisch leben, habe ich durch unser Charisma immer wieder erfahren und erlernt. Und es hat mit dem altmodischen Wort ‚Treue‘ zu tun: Ich weiß, dass Gott auf mich baut und er mir zusagt: ‚Ich bin da.‘, egal wie widersinnig manche Situationen auch sein mögen. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass Gott selbst die Dinge in die Hand nehmen wird.
Barbara Cremer
Als junger Erwachsener spürte ich den Wunsch, mich ganz in den Dienst für Gott zu stellen. Geprägt durch mein rheinisch-katholisches Elternhaus hieß dies, ins Priesterseminar zu gehen. Dann kamen mir Zweifel, denn in mir machte sich auch der Wunsch breit, als Familie zu leben. Aufgrund der unklaren Situation nahm ich Abstand von einer Anmeldung. Wenige Jahre später (1983) lernte ich Barbara, meine Frau, und durch sie die Fokolar-Bewegung kennen. Während einer Meditation über die Berufung der verheirateten Fokolare fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Das war die Lösung für mein Dilemma: mich ganz Gott weihen und gleichzeitig mit Familie in der Welt leben.
Ohne die bedingungslose Hingabe von Chiara Lubich hätte ich meine persönliche Form der Hingabe an Gott – möglicherweise – nicht gefunden. In mir ist daher auch Heute noch eine große lebendige Dankbarkeit.
Chiara ist konsequent dem inneren Ruf Gottes gefolgt, allen äußeren Widrigkeiten zum Trotz. Dieses Bild hat mich – die Tränen eingeschlossen – bisher durch alle Anfechtungen, Prüfungen und Schwierigkeiten getragen.
Eine besondere Herausforderung ist, mich immer wieder neu auf dieses Abenteuer einzulassen. So wie das Ja von Chiara der Start eines neuen Weges bedeutete, ist mein Ja an Gott, jeden Tag und besonders an Wegpunkten meines Lebens immer neu gefragt. Nicht wissend wohin mich der Weg führt, jedoch darauf vertrauend, dass Gott mich leiten wird. Für mein planerisches und strategisch geprägtes Naturell ist dies eine echte Herausforderung.
Wolfgang Cremer
In diesen Tagen, mit so vielen unfassbaren, negativen Entwicklungen in der Welt, mit meinen Ohnmachtsgefühlen und Zukunftsängsten, mit der Gefahr, meinen bisher unerschütterlichen Glauben an alle meine Ideale („ut omnes“, Frieden, Klima, Gerechtigkeit) zu verlieren, habe ich mich an eines meiner Lieder erinnert.
Nach dem Abitur war ich ein Jahr am internationalen Gen-Zentrum – eine unglaublich intensive Zeit. Danach ging ich 1974 nach West-Berlin und begann meine Ausbildung zur Ergotherapeutin. In dieser Stadt war ich plötzlich ohne „Paradies“, oder wenigstens irgendetwas, das mich an Gott erinnerte. Stattdessen wurde ich zum ersten Mal so richtig konfrontiert mit dem Elend einer Großstadt, mit menschlichen Tragödien und Abgründen, mit allen schrecklichen Krankheiten in den Krankenhäusern, und parallel dazu das weltweite Sterben von Vietnam über Bangladesch bis nach Chile. Ich war am Boden, wollte Protestlieder schreiben, von all den Schmerzen in der Welt singen. Aber ich war blockiert. Dann wurde mir bewusst, dass dies alles ein Gesicht von Jesus dem Verlassenen ist und ich habe das untenstehende Lied geschrieben.
Gery De Stefano
Lied für Dich
Dieses Lied singe ich für dich, denn wer sonst hat Wert in meinem Leben?
Zu wem sollt‘ ich geh‘n?
Du hast mir deine Freundschaft angeboten, und ich suchte in dir das Glück,
und ich fand es dort: in deinem Herz.
Du lehrtest mich, deinen Weg zu gehen, was „Freude“ heißt und was „Freiheit“ ist,
wer du wirklich bist, wie du zu mir sprichst in deinem Wort,
das wie Feuer mich gezeichnet hat,
wenn ich das lebte, was du in ihm sagst,
und du hältst, was du versprichst!
Doch du liebtest es mit mir zu spielen und ließt mich im Dunklen steh‘n
ohne Sicherheit.
Ich hatt‘ es satt, auf dich zu warten und wollte mir das Glück alleine
suchen
weit weg von dir, und ich ging fort.
Du gingst mir nach in jeder Stunde, hast mich verfolgt an jeden Ort,
es hatte keinen Sinn vor dir zu flieh’n, denn du warst da:
in jedem Blick, der mich getroffen hat,
der Einsamkeit in dieser großen Stadt,
in jeder Stille hab ich dich gehört,
in jedem Schrei, der voll Verzweiflung war,
in der Musik, die mich gefangen hält.
Und so hab ich mich für dich entschieden, habe mein Herz an dich verschenkt,
und du hältst es fest.
Und dann hab‘ ich dir alles gegeben, was mich beschäftigt, was mich erfüllt,
um für dich frei zu sein und für dein Reich.
Deine Liebe lässt mich verstehen,
wie der Weg geht aus diesen Mauern,
aus dieser kleinen Welt, hinaus ans Licht, und ich bin frei
wie ein Vogel, der entrissen ist seinem Gefängnis und der Flügel hat,
der die Welt jetzt von oben sieht,
und der im Himmel zu Hause ist,
der im Himmel zu Hause ist, im Licht.
Gery 1975