Lassen wir uns erinnern an die verschwenderische Fülle an Liebe, die der Himmel über die Erde ausgegossen hat.
Beginnen wir unseren gemeinsamen Weg bis Ostersonntag mit einigen Ausschnitten aus Briefen und Collegamento-Gedanken von Chiara. Bis Sonntag findet ihr jeden Morgen einen neuen Artikel. Lasst euch überraschen.
Drei Aspekte der göttlichen Liebe zu uns
„Über dem heutigen Tag steht also die Liebe. Gründonnerstag, an dem wir oft eine besonders innige Beziehung mit Gott erfahren haben, erinnert uns an die verschwenderische Fülle an Liebe, die der Himmel über die Erde ausgegossen hat.
Als Liebe erweist sich die Eucharistie, die uns an diesem Tag geschenkt wurde; als Liebe das Priestertum, ja als Dienst der Liebe, der uns unter anderem die Möglichkeit der Eucharistie gibt.
Als Liebe, Auswirkung der Liebe erweist sich die Einheit, die Jesus, so wie heute, vom Vater erfleht hat: „Alle sollen eins sein: wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin“ (Johannes 17,21).
Ausdruck der Liebe ist das Neue Gebot, das Jesus uns am Tag vor seinem Sterben gegeben hat: „Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben. Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt“ (Johannes 13,34f). Dieses Gebot ermöglicht hier auf Erden ein Leben nach dem Vorbild der Dreifaltigkeit.“
(Konferenzschaltung vom 20. April 2000: Die vier Worte)
Die gegenseitige Liebe
Rocca di Papa, 11. April 1974
Ihr Lieben!
Niemand von uns wäre hier, wenn Jesus nicht vor zwanzig Jahrhunderten an einem Donnerstag seinen Jüngern jenes Gebot gegeben hätte, das er sein ganzes Leben lang im Herzen trug, um es am Tag vor seinem Sterben zu offenbaren: „Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben. Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt“ (Joh 13,34f).
Ich glaube, diesen Tag dürfen wir nicht vorübergehen lassen, ohne einen Augenblick in Stille innezuhalten und Jesus zu sagen, dass wir ganz entschieden nach dem Gebot leben wollen, das er als das „seine“ und als „neu“ bezeichnet.
Aufgrund des Neuen Gebots sieht die Welt uns alle, die zur Bewegung gehören, als Menschen, die so sehr aus Christus leben, dass man in ihnen einen anderen Jesus entdeckt, wie kürzlich bei den Treffen der Jugendbewegung.
Aufgrund dieses Neuen Gebotes erscheint die Botschaft unseres Ideals an die Welt sowohl denen, an die wir sie weitergeben, als auch uns selbst wie eine große Neuheit. Dieses Neue drängt uns jedes Mal zur Umkehr, damit wir so sind, wie Jesus uns haben will.
Damit nun Sein Gebot in uns Wirklichkeit werden kann und der Lebensstil des dreifaltigen Gottes unter den Gliedern seines Mystischen Leibes Eingang findet, hat Jesus an jenem Donnerstag die Eucharistie und das Priestertum eingesetzt. …
Heute feiern wir noch ein anderes Gedächtnis: An jenem Donnerstag richtete Jesus auf der Treppe, die von Jerusalem zum Kedrontal führt, seine Bitte an den Vater: „Alle sollen eins sein“ (Joh 17,21). Es ist also der Tag, an dem wir den besonderen Auftrag des Werkes feiern, die EINHEIT.
Gründonnerstag! Unendlicher Reichtum an Geschenken aus dem Herzen Jesu! Wie werden wir ihm dafür danken, ihm wenigstens etwas zurückschenken können? Wenn wir diese Gaben – Sein Gebot, die Eucharistie und die Einheit – so intensiv wie möglich leben und, ohne Zeit zu verlieren, sofort damit beginnen, in diesem Moment!
Einzig das Neue Gebot, genährt durch die Eucharistie, die uns der Priester reicht, und die unter uns gelebte Einheit kann uns für die Gnaden aufnahmefähig machen, die während dieses Treffens sicherlich gegeben werden.
Ich grüße Euch alle in der gegenseitigen Liebe.
Eure Chiara

Neugeboren durch die Liebe. Oder auch: Nähe leben!
Wieder sind wir telefonisch miteinander verbunden, um gemeinsam auf die Heiligkeit zuzugehen. Noch ist Fastenzeit, auch wenn Ostern bereits vor der Tür steht. Und Fastenzeit heißt für alle Christen Bekehrung. Das gilt auch für uns.
Aber wozu sollten wir Angehörige der Fokolar-Bewegung uns immer neu bekehren? Zur Hinwendung zu Gott, die immer dann konkret wird, wenn wir uns dem Menschen zuwenden. Der Mensch ist unser Weg zu Gott. Wir reden sehr oft von der Liebe zum Nächsten, und doch ist es immer wieder eine neue Entdeckung.
Auch mir ist es noch vor einigen Tagen so ergangen. Ich machte Betrachtung über das Evangelium des Tages und las die großartige Stelle vom Weltgericht. Jesus wird kommen, um uns zu richten, und er wird sagen: “Ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben; ich war durstig, und ihr habt mir zu trinken gegeben….” (Mt 25,35).
Die Worte trafen mich, als hätte ich sie zum ersten Mal gehört. Ganz neu ging mir auf, dass Jesus mich nicht einmal fragen wird, ob ich dies oder jenes getan habe – Dinge, die ich trotzdem tun muss -, sondern dass er direkt auf die Nächstenliebe zu sprechen kommen wird.
Da habe ich begonnen wie jemand, der seinen Weg mit Gott erst anfängt, alle zu lieben, alle, mit denen ich im Laufe des Tages zu tun habe. Glaubt mir, ich fühlte mich wie neugeboren. Ich habe gemerkt, dass meine Seele vor allem die Liebe braucht, sie hat es nötig, zu lieben. In der Liebe zu allen findet sie die Luft zum Atmen, die Nahrung, das Leben.
Natürlich habe ich auch vorher versucht, zu lieben. Aber manche dieser kleinen Akte der Liebe kamen aus einer individuellen Spiritualität, die aus mehr oder weniger kleinen Bußübungen besteht und uns trotz unseres guten Willens dazu führt, um uns selbst zu kreisen, obwohl wir doch zur Liebe berufen sind. Jetzt, in dieser neuen Haltung der Liebe, tat ich zwar auch wieder viele kleine Akte der Liebe, aber alle waren auf die Brüder und Schwestern ausgerichtet, in denen ich Jesus sah und liebte.
Erst darin lag für mich die Fülle der Freude.
Ihr Lieben, wir sind alle dazu berufen, immer wieder diese Bekehrung zu vollziehen; alle können wir diese Neugeburt erfahren, diese Fülle des Lebens. Darum sollten wir uns darum bemühen, möglichst alle Ausdrucksformen unseres Lebens in Liebe zum Nächsten umzuwandeln.
Kümmern wir uns um den Haushalt? Tun wir es nicht nur aus rein menschlicher Notwendigkeit heraus, sondern um Jesus in den Brüdern und Schwestern zu lieben, ihm zu essen zu geben, für seine Kleidung zu sorgen, ihm zu dienen.
Verrichten wir irgendeine andere Arbeit? Es geht darum, Jesus im Einzelnen und in der Gemeinschaft unseren Beitrag zu bringen.
Beten wir? Beten wir für die anderen wie für uns selbst und verwenden wir die Wir-Form, die uns Jesus im Vaterunser gelehrt hat.
Leiden wir? Bieten wir Gott unseren Schmerz für die Mitmenschen an.
Haben wir direkt mit einem Menschen zu tun? Denken wir daran: wir hören Jesus zu, wir beraten ihn, wir informieren ihn, wir trösten ihn … in einem Wort: wir lieben ihn.
Essen wir, schlafen wir, entspannen wir uns? Sagen wir auch hier ganz bewusst: Wir wollen das alles tun, um neue Kräfte zu sammeln, um den Brüdern und Schwestern besser dienen zu können.
Also: tun wir alles im Blick auf den anderen.
Auch wenn diese Haltung uns ständig von uns selbst wegführt und darum Quelle einer großen Freude sein wird (ich sprach von Neugeburt), wird dieses Bemühen, von uns selbst wegzukommen und “die anderen zu leben”, sehr anstrengend sein.
So haben wir die Möglichkeit, den verlassenen Jesus zu lieben: durch die Übung der Geduld, der Demut, der Großherzigkeit, der Armut, der Reinheit. Sie alle sind in der Liebe inbegriffen.
Ja, meine Lieben, wir sollen heilig werden, aber auf unserem Weg, dem Weg der Liebe, der radikalen Liebe, die wir zunächst unter uns leben sollen, wo sie gegenwärtig wird, und dann allen gegenüber.
Leben wir darum die nächsten 14 Tage nach dem Motto “Neugeboren durch die Liebe”, damit diese Bekehrung in uns geschieht. Das ist unsere Vorbereitung auf Ostern. Zu diesem Fest wünsche ich euch die ganze Freude der vollen Auferstehung. Ich möchte in vollkommener Einheit mit euch allen die Lehren und Geheimnisse der Karwoche leben, die Ostern vorausgeht: das Neue Gebot, das Vermächtnis Jesu, die Einsetzung des Priestertums und der Eucharistie, und den Schrei Jesu am Kreuz.“
(Konferenzgespräch vom 20. März 1986: Neugeboren durch die Liebe)
Eine Zusammenstellung von Ulrike Comes. Fotos: AdobeStock_1319711351 Vera (Brot); AdobeStock_707086866 (Fußwaschung)