Rund 100 Jugendliche und junge Erwachsene aus 25 Nationen verbringen drei Tage gemeinsam in Ottmaring. Sie singen und tanzen, beten und hören, lernen und helfen. Sie verbinden sich untereinander und mit anderen Jugendlichen in der ganzen Welt.
„Together to care“. Dieses Motto ist kaum zu übersetzen. Ein Übersetzungsprogramm versucht es mit „gemeinsam fürsorglich“, und je öfter ich das lese, desto besser gefällt es mir.
Um was sorgen, um was kümmern sie sich? Schauen wir uns die Programmelemente an:
Im Saal
Das Bühnenprogramm bestreiten sie fast ganz allein. Es wird viel und gut musiziert, alle stimmen ein. Jemand animiert zum Tanzen, alle bewegen sich mit. Etwas klappt nicht auf Anhieb, alle warten ruhig und applaudieren, als es funktioniert. Jemand teilt eine Erfahrung, einen Impuls, eine Idee, alle hören konzentriert zu und nehmen wirklich auf, was gesagt wird. Und das, obwohl mit vier Sprachen jongliert wird. Sie sorgen miteinander füreinander.
In den Workshops
Zweimal gibt es Workshop-Slots: Tanzen, Singen, ein Kurs zur Entscheidungsfindung, Eintauchen in das Leben am Amazonas, ein Kurs Impro-Theater. Sie lassen sich auf alles ein, machen intensive persönliche Erfahrungen. Sie sorgen miteinander für sich selbst.
In sozialen Aktionen
Am Samstagnachmittag schwärmen sie aus: Sie gestalten einen Ökumenischen Gottesdienst in einem Altenheim, sie sammeln Müll am Fluss, sie singen und malen mit körperlich und geistig beeinträchtigten Menschen, sie lernen einen ukrainischen Tanz von den in Ottmaring lebenden Kriegs-Flüchtlingen. Sie sorgen sich gemeinsam um andere.
Bei den Abendgebeten und dem ökumenischen Gottesdienst
Stille. Wenige Worte, die ins Herz fallen. Leise, intensive Musik. Sie sorgen miteinander für eine Beziehung jedes Einzelnen zu Gott.
Und sonst…
Dann gibt es die gemeinsamen Mahlzeiten, das gemeinsame Sorgen um das Haus (Spülen, Klos putzen, Foyer fegen), den Lifestream vom Genfest in Brasilien, ein Grillabend mit der Ökumenischen Siedlung, jede Menge Leben in den Pausen und nach dem offiziellen Programm: Sport, Party – und viele, viele Gespräche.
Die Teilnehmenden haben aus den drei Tagen das Maximum herausgeholt, in jeder Hinsicht. Das wiederzugeben ist nahezu unmöglich. Deshalb lasse ich sie jetzt selbst zu Wort kommen, am Sonntagabend habe ich einige fragen können, was für sie das Genfest war.
Am Ende gibt es noch einen lesenswerten Text von Peter Forst. Peter war selbst lange Jahre Gen und hat so manches Genfest mitgemacht. Seit er Fokolar ist, war er immer wieder „Gen-Assi“ und ist als solcher auch jetzt im DACH-Team der Gen.
Rückmeldungen der Teilnehmenden:
Dita aus Indonesien
„Alle sind so freundlich. Als Ausländerin in Deutschland ist es in der Regel schwer, Freunde zu finden. Hier habe ich viele, viele Freunde gefunden.“
Ayun aus Japan
„Ich mag die Atmosphäre hier, sie ist so energiegeladen.“
Lorena aus Irland
„Hier sind wir wirklich eine Familie, selbst mit den Leuten, die du zum ersten Mal triffst. Der gemeinsame Glaube bringt uns zusammen, eine tolle Erfahrung.“
Tete von Brasilien
Diese Tage sind eine Möglichkeit, Jesus in der Mitte aufzubauen mit sehr unterschiedlichen Menschen aus verschiedenen Nationen. Es gelang uns wirklich, eine Einheit aufzubauen.“
Jennifer aus Ägypten
„Wir kommen aus verschiedenen Ländern, haben unterschiedliche Hintergründe, aber du fühlst nicht, dass du anders bist. Die Leute hier machen ein Genfest besonders, und dieses Genfest war wirklich ganz besonders.“
Felix aus Dresden
„Tiefe Verbundenheit. Supercoole Leute. Echte Freundschaft. Tiefe Momente.“
Johannes aus Lüneburg
„Ich habe viele Freunde getroffen und viele Leute kennengelernt. Es war sehr schön, dass es zum ersten Mal so international war. Die Musik war besonders. Gemeinsam Musik machen, das ist immer ein ganz besonderer Moment.“
Frankie aus Irland
„Es ist mein erstes Genfest. Ich könnte für immer hier bleiben.“
Martin aus Wien
„Ich habe viele Freunde getroffen, die ich lange nicht mehr gesehen habe. Das Programm war sehr gut vorbereitet, interessante Themen. Am besten hat mir der Sozial-Workshop mit den ukrainischen Kindern gefallen. Wir haben uns wirklich gut verstanden, obwohl wir nicht die gleiche Sprache sprechen.“
Flo aus Chile
„Ein besonderer Moment war, als wir mit einigen Leuten spontan Musik gemacht haben. Wir haben improvisiert, waren zusammen, es war eine große Harmonie unter uns. Wir hätten fast das Abendessen verpasst.“
Lukas aus Tirol
„Die Verbindung untereinander war so schön. Viele tolle Gespräche, der Sozialeinsatz war klasse, was für andere zu machen und sich untereinander dabei noch besser kennenzulernen.
Jana aus der Schweiz
„Mein Highlight war, dass wir Menschen mit Beeinträchtigungen begegnet sind. Wir haben zusammen gemalt und Musik gemacht und einen wunderschönen Nachmittag zusammen verbracht. Es war sehr inspirierend für mich zu sehen, aus ihrer Perspektive, wie sie das Leben wahrnehmen, wie sie die Situation wahrnehmen, wenn wir sie besuchen kommen.“
Emma aus Augsburg
Es gab keinen Unterschied zwischen Organisatoren und Teilnehmenden. Wir haben alle dafür gearbeitet, dass es ein schönes Erlebnis wird, jeder hat viel gegeben und viel bekommen.“
Zur Erklärung: Niemand ist aus Indonesien oder Ägypten zum Genfest angereist. Diese jungen Erwachsenen leben in Europa, meist studieren sie oder sind hier aufgewachsen.
Peter Forst: Genfest in Ottmaring – Gedanken eines (nahen) Außenstehenden
„Wenn ein Wort das Lebensgefühl vieler Jugendlicher und junger Erwachsener ausdrückt, dann ist es „Unsicherheit“. Bin ich angenommen so wie ich bin? Habe ich Aussichten auf eine zumindest halbwegs gute Zukunft? Auch die Frage nach Gott ist gar nicht so einfach zu beantworten.
Das gilt auch für diejenigen, die zum Genfest nach Ottmaring gekommen sind. In dieser Unsicherheit zeigten sie eine bemerkenswerte Offenheit füreinander; waren sie bereit, sich zu öffnen auf etwas, auf jemanden, der sie übersteigt.
In einer ganzen Reihe von Momenten während dieser Tage schien mir, als wolle Gott mir sagen: „Ich weiß schon, wie ich in ihren Herzen ankomme. Nicht du musst die Straße bauen, auf der ich dann gefälligst zu gehen habe.“
So war die Unbeschwertheit dieser Tage alles andere als Oberflächlichkeit. Es war das ermutigende Erleben, dass Beziehungen schön sein können und von unbedingter Annahme gekennzeichnet sind. Das darf man ruhig feiern! Zugleich gab es – etwa bei den Abendgebeten oder dem abschließenden Gottesdienst – Momente von großer Tiefe und Innerlichkeit.
Eines ist ihnen ganz wichtig: Alle sollen dazugehören dürfen. Daraus erwächst unwillkürlich eine Abneigung gegen alles, was jemanden ausgrenzen könnte. Wohl auch deshalb waren die „Sozialen Einsätze“ am Samstagnachmittag von einer natürlichen Zuwendung zu Menschen geprägt, denen es augenscheinlich nicht so gut geht.
Manchmal frage ich mich, ob es die Aufgabe von uns Älteren sein könnte, ihnen dabei nahe zu sein, das Erlebte zu deuten. Behutsam. Hörend. Da sein.
Ich bin aufgewachsen in einer Zeit, in der Unsicherheit etwas war, das es zu überwinden galt. Es ging um (vermeintliche) Gewissheit. Das kann nicht mehr das Ziel sein. Die Unsicherheit ist ja real. Tage wie das Genfest können helfen, möglichst gut mit ihr leben zu können. Mir scheint, das ist passiert. Und gerade deshalb waren es wichtige Tage auch für mich.“
Ein Beitrag von Ulrike Comes. Fotos von Robert Berzl, Magdalena Weber, Johannes Kahmann und Ulrike Comes.