Meinolf Wacker besuchte mit einigen Jugendlichen der Initiative go4peace das Dr. Janusz-Korczak-Kinderdorf in Rajsko, einen Steinwurf entfernt von den Gedenkstätten des KZ Auschwitz-Birkenau, und machte eine eindrückliche Erfahrung.

Hier Auszüge aus seinem Bericht, die Langfassung in deutscher Sprache ist unten angehängt.

Mit sechs jungen Leuten hatte ich mich auf den Weg nach Rajsko bei Oświęcim / Auschwitz gemacht, um am 30jährigen Jubiläum des Dr. Janusz-Korczak-Kinderdorfes teilzunehmen.  Am 17.08.1994 wurde das Kinderdorf eingeweiht – einen Steinwurf entfernt von den Gedenkstätten des KZ Auschwitz-Birkenau. Über 70 Waisenkinder sind inzwischen durch das Leben im Kinderdorf selbständig geworden, eine lebendige Flamme der Hoffnung vor der grauenvollen Geschichte vieler Millionen von Toten. Später, in den Jahren 2002-2011, war der Gründer Janusz Marszalek Oberbürgermeister der Friedensstadt Oświęcim. Er machte sich stark für die Entstehung eines Friedensortes im Andenken an die vielen ehemaligen Auschwitz-Häftlinge. Dafür brannte weiterhin sein Herz, wie auch für Senioren und Behinderte, für die er sich in der Polnischen Senioren-Union (PUS) und als Mitglied der Europäischen Senioren-Union (ESU) in Brüssel sehr engagiert hatte.

Als wir am Samstag, dem 17.08.2024 – genau 30 Jahre nach der Eröffnung des Kinderdorfes – nachmittags in der Pfarrkirche von Rajsko in einem Festgottesdienst Gott für das Geschenk des Kinderdorfes und für Janusz Marszalek, seine Frau Marta und das Team des Kinderdorfes danken, brandet ein lange nicht enden wollender Applaus auf. Mich bewegen diese Augenblicke sehr, ist es doch der Sieg des Lebens über die vielen von den Nazis ermordeten Menschen. Ja, die Liebe, die das Leben liebt und beseelt, ist stärker als der Tod. Beim anschließenden Fest in einem großen Zelt zwischen den Häusern des Kinderdorfes war in bunten Tanz-, Musik- und Redebeiträgen eine tiefe Dankbarkeit und eine große Freude über diesen so gesegneten Ort des Dr. Janusz-Korczak-Kinderdorf  zu spüren. Vertreter vielfältiger  politischer, gesellschaftlicher und gemeinnütziger Organisationen – aus Polen und Deutschland –  waren anwesend, und zwischen allen die Kinder und Jugendlichen des Dorfes mit Bratwurst und Limo.

Vor gut zwei Dekaden war ich Janusz Marszalek bei einem Partnerschaftstreffen von Renovabis begegnet. Ich hatte damals für die Teilnehmenden einen Impulsvortrag über das Leben mit dem Evangelium halten dürfen. Darauf hatte Janusz stark reagiert. Seither waren wir uns immer wieder in verschiedenen Ländern begegnet und freundschaftlich in Kontakt geblieben. Heute nun durften wir erleben, wie er mit seiner Frau Marta und seinen Mitarbeitenden die Worte des Evangeliums inkarniert hatte. 

Als wir uns am Sonntag in der Frühe wieder auf die 1000 Kilometer Heimfahrt nach Deutschland machen, waren wir nur einen Tag in Rajsko bei Oświęcim  gewesen. Aber wir waren eingetaucht in die über 30 Jahre währende Friedensgeschichte eines Ortes, der als Auschwitz eine traurige Berühmtheit hat. Wir hatten mit dem Kinderdorf einen echten Friedensort erleben dürfen und hatten während der gemeinsamen Stunden viele Friedenserfahrungen miteinander geteilt. Auf dem langen Weg nach Deutschland kam mir ein Wort von Chiara Lubich in den Sinn: „Leben wir so, dass wir am Ende unseres Lebens nicht bereuen müssen, zu wenig geliebt zu haben!“ Ich war mir sicher: Janusz, seine Frau Marta und sein Team werden das am Ende ihres Lebens bestimmt nicht bereuen müssen. 

Beitrag und Fotos von Meinolf Wacker.

Hier der deutschsprachige Bericht in ganzer Länge:

23.08.2024 von: Ulrike Comes in DACH
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