Ursula Schmitt und Roberto Rossi bündeln im Bericht an das Zentrum das Leben des Jahres 2023/24 im D-A-CH. Auszüge daraus. 

Das besondere Merkmal dieses Jahres und die Folge einer Entwicklung, die sich schon seit einiger Zeit abzeichnet, ist das Aufblühen einer großen Zahl von „Ad-hoc“-Initiativen, die darauf abzielen, Räume für Begegnung und Vertiefung zu schaffen (…). Die „klassische“ Planung durch Zweige und Bewegungen wird ergänzt und teilweise ersetzt durch Aktivitäten, die von Personen getragen werden, die eine flexiblere Bindung an die Bewegung haben, aber deren Ziele zutiefst teilen. (Beispiele: die monatlichen Gemeinschaftstreffen in Berlin, an denen viele Einwandererfamilien teilnehmen, die diese Gemeinschaft als ihr Zuhause betrachten; die Erfahrungen mit der Jugendwohnung in Köln, einem Lebenszentrum für Gen und Jugendliche). Was die weltweiten Aktionen betrifft, so ist Pathway mit dem Thema Ökologie gut gelaufen, auch wenn die kurze Dauer unserer „Labels“ es vielen nicht leicht macht, sich zu engagieren.

Auch die Mariapolis erleben eine Renaissance in weniger organisierten Urlaubsformaten, an denen vor allem junge Familien mit Kindern teilnehmen. 

Die veränderte Situation hat uns unter anderem dazu veranlasst, unsere interne Kommunikation (die bisher „kaskadenartig“ über die Zweige und Bewegungen lief) zu überarbeiten, und zwar in Form einer für alle offenen, dreisprachigen Kommunikationsplattform, auf der man Erfahrungen und Projekte austauschen und sich über Programme und Initiativen informieren kann (https://mariapoli.net). (…)

Das Jahresthema ist nach wie vor ein sehr wichtiger Orientierungspunkt für viele; sie sind nicht nur für den spirituellen Inhalt dankbar, sondern auch für die Lebenserfahrungen oder damit zusammenhängende Fragestellungen. (…)

Es gibt ein Bedürfnis nach Reifung und Wachstum im Glauben, das sich in dem Wunsch äußert, die Eckpfeiler unserer Spiritualität ins rechte Licht zu rücken und zu verwirklichen, wobei die Impulse sowohl von innerhalb als auch von außerhalb der Bewegung kommen. Die Weiterbildung „Spirituelle Autonomie“ war ein Höhepunkt des Jahres. Hinzu kommen die monatlichen Online-Schulungen des Klaus-Hemmerle-Forums oder andere Angebote der Zweige. (…) Auch die Kurse der UPM werden geschätzt und die Lektionen ins Deutsche übersetzt. (…)

Das Leben in den Zonetten und Regionen (insgesamt 19) wird im Allgemeinen von einer Gruppe von Personen verschiedener Berufungen getragen, die die Verantwortung übernommen haben. Dieses Jahr fand ein von ihnen organisiertes Treffen auf Zonenebene statt, um einander in dieser Aufgabe zu unterstützen. Man diskutierte auch die Frage der Leitung des Werkes, wie sie im Allgemeinen Statut festgelegt ist; danach ist sie ausschließlich an die Fokolare gebunden, was aber in der Praxis nicht mehr tragbar ist. Zumindest sollten alternative pratikable Möglichkeiten gefunden werden. (…)

Die Diskussion mit den Vertretern der Zonetten und Regionen (und dann mit der Präsidentschaft des Werkes und den anderen europäischen Zonen) fand in einer Atmosphäre des Miteinanders statt. Sie schätzten besonders die Offenheit und das Bemühen, auf synodale Weise Wege der Veränderung zu finden. Und dies nicht nur zu diesem Thema, sondern auch zu anderen sensiblen Fragen, auf die es nicht einfach ist, eine unmittelbare und endgültige Antwort zu geben: Wir erleben einen „kulturellen“ Wandel in den Beziehungen und Entscheidungsstrukturen des Werkes. (…)

Seit vielen Jahren wird der interreligiöse Dialog intensiv gelebt. Er bringt unerwartete Entwicklungen mit sich, die das Ergebnis des unermüdlichen Engagements verschiedener Gruppen und von Einzelpersonen sind (wie der prophetische „Trialog“-Kongress der drei abrahamitischen Religionen, der kurz vor dem Ausbruch der Konflikte im Heiligen Land stattfand; der vom österreichischen Außenministerium organisierte Kongress mit Botschaftern aus verschiedenen Ländern, bei dem die Bewegung die Erfahrung des „christlich-muslimischen Clusters“ weitergab; die Auszeichnung der Initiative zur Integration muslimischer Frauen durch das Österreichische Forum der Religionen; die tiefe Erfahrung der Geschwisterlichkeit beim Internationalen Kongress in Castelgandolfo).

Die Ökumene ist ein Thema, das unter großen Opfern wach gehalten wird. Es gibt regelmäßige Online-Kontakte zwischen Mitgliedern der verschiedenen Kirchen (113 Personen), und in diesem Jahr nahmen viele zum ersten Mal an der internationalen Tagung für Angehörige der Bewegung aus verschiedenen Kirchen am Zentrum teil, was ihnen große Hoffnung gab. Die guten Beziehungen zum Ökumenischen Rat der Kirchen gehen durch unser Büro in Genf weiter. Das ökumenische Bischofstreffen in Augsburg fand großes Echo in den Medien und stärkte die Beziehungen zu meh-reren Vertretern der Ortskirchen. Es lässt sich nicht leugnen, dass die Ökumene im Allgemeinen Anzeichen von Müdigkeit und Resignation zeigt. Deshalb setzen viele vor allem auf Aktivitäten einer Ökumene des Lebens.

Nach den Treffen in München und Würzburg wird das Netzwerk Miteinander für Europa (MfE) mit dem internationalen Treffen in Graz einen Höhepunkt erleben. 2025 gibt es ein deutschlandweites Treffen in München. Auch wenn die Vorbereitungen für Graz sehr viel Einsatz erfordern, ist es auch ein Anlass zu großer Freude für die lokale Gemeinschaft, die von Bischof Willy Krautwaschl unterstützt wird. MfE hätte ein starkes Potenzial, die Bemühungen um die Einheit in Europa zu bündeln. (…)

Eine besondere Dialoginitiative ist der elftägige Pfingst-Online-Kongress 2024 eines Freiwilligen aus Österreich mit dem Titel: „Vom Ich zum Wir – Herausforderungen der Globalisierung“. Es gab 33 Redner, mehr als 6 000 Teilnehmende und, wie jemand sagte, „ein Feuerwerk an Inspirationen“.

Was die offenen Räume des Dialogs betrifft, halten wir die Erfahrungen der Initiative „Ideall“ für positiv. Sie bietet eine Möglichkeit des Austausches für Personen unterschiedlicher sexueller Orientierung. Wir hören sehr schöne Echos von Personen, die auf diesem Weg eine Beziehung zur Bewegung finden oder wiedergefunden haben.

Was die Ökonomie und die Werke betrifft, ist es erstaunlich, wie bewusst vielen die Gütergemeinschaft ist. Sie geben regelmäßig einen Beitrag oder spenden großzügig für besondere Bedürfnisse. 

Die Mariapoli-Zentren in Baar, Wien und Solingen sind gut ausgelastet und werden nachhaltig betrieben. In der Siedlung Ottmaring befinden wir uns in einer Phase des Übergangs. In den Bettenhäusern leben derzeit Flüchtlingsfamilien aus der Ukraine (60 Personen). Wir werden diese Erfahrung, die für uns ein Gesicht von Jesus dem Verlassenen ist, wie er sich uns heute zeigt, um mindestens ein Jahr verlängern. Parallel dazu werden wir uns bemühen, die Siedlung als Ort des Dialogs neu zu beleben und zu stärken, z.B. durch Modernisierung der Infrastruktur für Tagungen.

In diesem Jahr wird ein besonderer Schwerpunkt auf den Verlag Neue Stadt gelegt, um eine nachhaltige Entwicklung in einem immer anspruchsvolleren Bereich, wie es das Verlagswesen ist, zu ermöglichen.

Die Welt der Jugend hat durch die Erfahrung des Weltjugendtages (in Portugal) einen neuen Impuls erhalten. Es haben sich Gruppen gebildet, die sich regelmäßig treffen. (…) 

Die Gen und das Gen-DACH-Team organisierten mehrere Vertiefungswochenenden, insbesondere das Genfest in Ottmaring. Die Spendensammlung für das weltweite Genfest ergab 60 000 Euro. Bei den Gen3, den Teens for unity und den Gen4 versucht man als Alternative zu den regelmäßigen Treffen, die von den Assistenten mit großem Engagement unterstützt werden, weitere Begegnungsmöglichkeiten zu organisieren.

In den Zweigen der Erwachsenen überwiegen die gemeinsamen Momente als Familie. (…)

Die Gruppe der Freunde der Bewegung hat sich in den letzten Jahren gefestigt und eine eigene, sich selbst tragende Dynamik entwickelt, die sich auch in einem großen Engagement in verschiedenen Ausdrucksformen des Werkes widerspiegelt. (…)

Für die Fokolarinnen und Fokolare waren die Jahreseinkehrtage in
Castelgandolfo ein echter „spiritueller Boxenstopp“ (…) 

Der Prozess der Schließung von Montet war schwierig und schmerzhaft. Dank der Großzügigkeit der Bewohner und der Beteiligung der Zone und der Siedlung konnte er positiv abgeschlossen werden.

Dankbarkeit und Hoffnung wecken alle, die im Bewusstsein der unbestreitbaren Krisen, die wir als Werk leben, ihr Ja zu Gott sagen und in diesen Herausforderungen einen besonderen Ruf von ihm in unserer Zeit sehen. Und wir können nicht umhin, auch für die Kultur der Gemeinschaft dankbar zu sein, mit der die notwendigen Veränderungsprozesse und das gesamte Leben des Werkes auf verschiedenen Ebenen, vom Zentrum, zwischen den Zonen und auf lokaler Ebene, vorangetrieben werden.

Mit Blick auf die Zukunft liegt uns besonders am Herzen, die vorrangigen Bemühungen für den Frieden fortzusetzen und zu intensivieren.

Ein Beitrag von Gabi Ballweg, zusammengestellt nach dem Jahresbericht von Ursula Schmitt und Roberto Rossi. Die Fotos sind von Rudolf Kilgert, Maria Kny und unsplash.com.