Bruna Tomasi, eine der ersten Fokolarinnen, wird am 7. September 2024 100 Jahre. Ein Viertel ihres Lebens (von 1961 bis 1986) hat sie in Deutschland verbracht und entscheidend an der Verbreitung der Fokolar-Bewegung dort mitgewirkt.

„Wichtig ist nicht, dass ihr Wunder tut, sondern dass ihr die Liebe habt.“ Das hat Bruna Tomasi im Januar 1986 kurz vor ihrem Abflug nach Afrika einer Gruppe Jugendlicher gesagt. Zuvor war sie – eine der Ersten, die mit Chiara Lubich die Anfangszeiten der Fokolar-Bewegung in Trient gelebt hatten – 25 Jahre in Deutschland gewesen, um – mit 61 Jahren – in einen für sie völlig neuen und unbekannten Kontinent aufzubrechen. Sie sei, so sagte sie den jungen Menschen, nicht in erster Linie um großartige Ideen bemüht gewesen, auch nicht darum, eine Organisation aufzubauen, sondern vielmehr darum, allem „Seele“ zu geben. Und das erreiche man in ständigem und vorrangigem Bemühen um die Einheit mit Gott und den Menschen.

Geboren und aufgewachsen als jüngste von vier Geschwistern in Trient hatte sie nach dem Studium der Naturwissenschaften Padua im Dezember 1945 Chiara Lubich kennengelernt und trat im Sommer 1948 ins Fokolar ein. Mit Chiara und den anderen Fokolarinnen erlebte Bruna das „Paradies ’49“, eine außergewöhnliche Zeit des Lichts und der Erkenntnis, die sie zutiefst prägte. 1954 rief Chiara Lubich Bruna nach Rom und als Chiara verstand, dass sich das Licht der Liebe in sieben Farben – den sieben Aspekten – brach, hat sie in Bruna das Indigo, den Aspekt „Weisheit und Studium“ gesehen.

1961 kam Bruna nach Deutschland. Gerade hatte es die ersten Kontakte mit evangelischen Christen gegeben. Bruna lebte zunächst in München; sie lernte Deutsch. Sprachprobleme kannte sie aber auch deshalb nicht, weil sie das, was ihr an Wortschatz fehlte, mit den Händen und ihrem inneren Feuer ergänzte. Die Ökumene wurde zu ihrer Leidenschaft. Dass die Einheit aber nicht machbar ist, war ihr bewusst. Sie baute und lebte Beziehungen in alle Richtungen. Zusammen mit Fons Aldo Stedile besuchte sie Personen, Familien und verschiedene evangelische Gemeinschaften, mit denen sich erste Kontakte ergeben hatten; immer wieder auch die Vereinigung vom gemeinsamen Leben. Als dann der Entschluss reifte, in Ottmaring bei Augsburg gemeinsam ein Ökumenisches Lebenszentrum aufzubauen, zog Bruna bald dorthin. Sie prägte das Leben dieser Siedlung entscheidend mit und war 1981 dabei, als die „Ökumenische Schule“ entstand, Schulungskurse, die im Lauf der Jahre für Angehörige der Bewegung in Ottmaring abgehalten wurden. Es waren grundlegende Jahre, voller Höhen und intensivem Leben, aber auch mit schwierigen und herausfordernden Momenten.

Von 1965 bis 1975 war Bruna mitverantwortlich für die Bewegung in Westdeutschland; auf zahlreichen Reisen durchs ganze Land legte sie mit Weisheit und „mütterlicher Liebe“ die Grundlagen für die entstehende Bewegung. Von 1975 bis 1985 war sie dann mitverantwortlich für die ökumenische Siedlung Ottmaring und begleitete von dort auch die Entstehung der fünf Zonen in der damaligen BRD.

Aus diesen Jahren gibt es viele Zeugnisse über Bruna Tomasi. Hier ein Auszug von dem von Bischof Klaus Hemmerle von Aachen: „Die Lebendigkeit eines Kindes ist in ihr kein Gegensatz zur Reife einer weisen Frau, das tiefe komplexe Erfassen eines Tatbestands verbindet sich in ihr mit einer nichts vereinfachenden, aber Lösenden Einfachheit.“

Als Marilen Holzhauser (Fokolarin der ersten Zeiten und viele Jahre in Fontem, Kamerun, und in Nairobi, Kenia) wegen einer schweren Krankheit nicht mehr nach Afrika zurückgehen konnte, fiel die Wahl auf Bruna.

Am 31. Januar 1986 traf sie in Nairobi ein. Von dort war sie 16 Jahre mitverantwortlich für die Bewegung in 54 afrikanischen Ländern. Sie begleitete das Leben der Bewegung dort auch von 2002 bis 2008 – jetzt als Beraterin am Zentrum für Afrika und Madagaskar. Von 2008 bis 2014 berief die damalige Präsidentin Maria Emmaus Voce sie erneut als Beraterin in den Generalrat.

Als sich die Beeinträchtigungen des Alters deutlicher zeigten, sagte Bruna einmal: „ich habe gelernt, Gott die Dinge zu schenken, bevor er sie mir nimmt.“ In dieser Haltung scheint sie bis heute in ihrem Fokolar in Rocca di Papa zu leben.

Ein Beitrag von Gabi Ballweg. Fotos aus verschiedenen Archiven.